Vom Unterricht auf die Bühne – Teil 2: Auftrittsangst bewältigen und Selbstvertrauen stärken
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Gepostet am 9. Mai 2025
Auftrittsangst bewältigen
Ein gewisses Maß an Nervosität vor dem Auftritt ist völlig normal – selbst professionelle Musiker*innen erleben das. Das Ziel ist nicht, die Auftrittsangst vollständig zu beseitigen, sondern sie in positive Energie umzuwandeln.
Körperliche Strategien:
- Zwerchfellatmung – Langsame, tiefe Atemzüge helfen gegen die flache Atmung bei Nervosität
- Progressive Muskelentspannung – Abwechselndes An- und Entspannen verschiedener Muskelgruppen
- Bewegung vor dem Auftritt – Leichte körperliche Aktivität reduziert überschüssiges Adrenalin
- Ausgewogene Ernährung und ausreichende Flüssigkeit – Verzicht auf Koffein und Zucker, da sie die Nervosität verstärken können

Kognitive Strategien:
- Fokus auf Kommunikation statt Perfektion
- Chunking – Gedankliches Aufteilen des Stücks in überschaubare Abschnitte
- Konzentrationstechniken – Entwicklung von Auslösern, die helfen, sich wieder zu fokussieren
- Wachstumsorientiertes Denken – Herausforderungen als Lernchance begreifen
Strategien zur Erholung bei Fehlern
Noch wichtiger als das Vermeiden von Fehlern ist es, Schüler*innen beizubringen, wie sie mit Pannen umgehen:
- Weitermachen – Die Fähigkeit, trotz Fehlern fortzufahren, ist eine der wichtigsten Bühnenkompetenzen
- Zurück zu den Grundlagen – Konzentration auf Tempo und Klangqualität
- Reset-Punkte – Bestimmte Stellen im Stück, an denen man mental neu starten kann
- Die 3-Sekunden-Regel – Erst drei Sekunden warten, bevor man auf einen Fehler reagiert
Verschiedene Schülertypen gezielt unterstützen
Keine Strategie funktioniert für alle gleich. Hier einige Ansätze, wie sich die Vorbereitung auf die Bühne an unterschiedliche Persönlichkeiten anpassen lässt:
Der Perfektionist:
- Verdeutlichen, dass es keine perfekten Auftritte gibt – auch bei Profis nicht
- Prozessorientierte Ziele setzen (z. B. schöner Klang, musikalische Phrasierung) statt reiner Ergebnisziele
- Stücke auswählen, die technisch gut machbar sind – besonders für erste Auftritte
Die von Natur aus ängstliche Schülerin:
- Mit gemeinsamen Auftritten beginnen, bei denen sie nicht allein im Mittelpunkt steht
- Systematische Desensibilisierung – das Publikum Schritt für Schritt vergrößern
- Konkrete Techniken zur Angstbewältigung vermitteln
Der selbstsichere, aber unvorbereitete Schüler:
- Klare Kriterien für Auftrittsreife festlegen
- Aufnahmen im Unterricht nutzen, um objektives Feedback zu geben
- Selbstvertrauen positiv kanalisieren, während realistische Vorbereitungsroutinen aufgebaut werden
Die zurückhaltende PerformerIn:
- Zunächst nicht-solo Möglichkeiten wie Duette oder Ensemble-Auftritte nutzen
- Den dienenden Aspekt von Musik betonen – Freude mit anderen teilen
- Aufführungsorte wählen, die zu den persönlichen Interessen passen
Nach dem Auftritt
Die Nachbesprechung mit Lehrpersonen beeinflusst maßgeblich, ob Schüler*innen erneut auftreten möchten.
Effektive Reflexion:
Hilfreiche Fragen zur gemeinsamen Reflexion könnten sein:
- „Worauf bist du in deinem Auftritt am meisten stolz?“
- „Was hat dich beim Auftreten überrascht?“
- „Was würdest du deinem ‚Vor-dem-Auftritt-Ich‘ gerne sagen?“
- „Was wirst du bei der nächsten Vorbereitung anders machen?“
Wertschätzung und Feiern:
Jeder Auftritt ist ein Erfolg – unabhängig vom Ergebnis. Mögliche Formen der Anerkennung:
- Studio-Feiern nach wichtigen Auftrittsereignissen
- Urkunden oder kleine Erinnerungsstücke
- Fotowände mit besonderen Bühnenmomenten
- Aufnahmesammlungen von Schüler*innenauftritten
Fazit: Mehr als nur perfekte Noten
Unser Ziel als Musikpädagoginnen ist es nicht, perfekte Darbietungen zu erzielen, sondern selbstbewusste und ausdrucksstarke Musikerinnen zu fördern. Durch gezielte Auftrittsvorbereitung, den Aufbau mentaler Stärke und klare Lernpfade von der Musikstunde auf die Bühne vermitteln wir unseren Schüler*innen nicht nur musikalische Fähigkeiten, sondern auch wertvolle Lebenskompetenzen.
Ein Schüler oder eine Schülerin, die selbstbewusst die Bühne betritt, Musik authentisch teilt, mit Fehlern umgehen kann und am Ende das Gefühl hat, etwas Bedeutungsvolles vermittelt zu haben, hat weit mehr gelernt als nur Technik – sie hat gelernt, eine echter Künstler*in zu sein.
Und ist nicht genau diese Verbindung zu anderen durch Musik der eigentliche Grund, warum wir musizieren?
Dies ist Teil 2 unserer Serie.
Falls du Teil 1 verpasst hast:
„Vom Musikunterricht auf die Bühne – Teil 1: Wie Schüler*innen den Übergang zu Auftrittsmöglichkeiten schaffen“ – Hier erfährst du, wie du vom ersten Unterricht an gezielte Bühnenwege aufbaust.